Fest der Vielfalt

"800 Bielefelder Stadtzeichen": Großer Performance-Reigen an und in der Neustädter Marienkirche

Text und Fotos von Melanie Gieselmann

Bielefeld. Mit einem bunten Potpourri aus Kunst, Musik, Text, Tanz und Theater feierten die Theaterwerkstatt Bethel und das Künstlerhaus Lydda den Höhepunkt ihres Jahresprojektes "800 Bielefelder Stadtzeichen" mit einem großen Performancefest [am Sonnabend, den 20.9.2014]. Zwischen 14 und 22 Uhr gab es für Neugierige und Kunstinteressierte in und um die Neustädter Marienkirche allerhand zu sehen, zu hören und zu fühlen.

 

In Brackwede und Baumheide, auf dem Kesselbrink und dem Jahnplatz, um die Kunsthalle und Sparrenburg herum haben die Projektteilnehmer in den letzten Monaten gesucht und gesammelt, sortiert und arrangiert. Herausgekommen ist dabei ein buntes und vielseitiges Kunstbild, das eben so vielseitig wie die Stadt selbst ist.

 

Was macht das Leben in Bielefeld heute aus? Was schätzen die Bürgerinnen und Bürger an ihrer Stadt und wie stellen sie sich ihre Zukunft hier vor? Diese und andere Fragen sind in die Arbeiten ebenso eingeflossen wie die Heimatliebe und Leidenschaft der Teilnehmer selbst.

 

Zur Ausstellungseröffnung gab es Musik von den Bläsern des Evangelischen Stadtkantorates und der Lydda-Band "Spam", ehe die Performance "Von überall her" die Neugierigen in den Stiftshof der Marienkirche lotste. Und gleich mehrmals durfte der Kirchenturm bestiegen werden, um den Lesungen "Stadt im Ohr" von oben und mit Blick auf das beeindruckende Gewölbe zu lauschen.

 

"Hiergeblieben" heißt die Performance, die sich mit Text, Musik und Tanz den Gegensätzen "Verbundenheit und Fremdheit" widmete. Die einen sind "sehr froh", "hiergeblieben und hängengeblieben" zu sein, die anderen wollen "endlich wegkommen" und schaffen es doch nicht. Ein multikulturelles, multinationales und multireligiöses Bild, das liebevoll gezeichnet wird.

 

Die Aktionen des Performancefestes starten jeweils zur vollen Stunde. Dazwischen bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, die Kunstwerke, die vor allem in einem dreiwöchigen Workshop des Künstlerhauses Lydda in und um die Marienkirche herum entstanden sind, zu bestaunen oder auch kulinarische Raffinessen zu kosten.

 

Ein Höhepunkt des Festes war die Parade "Königreich der Inklusion", die zu barocker Chormusik des Jugendvokalensembles "VokalTotal" in die Kirche einzog und mit aufwendigen Kostümen ihrer Königin huldigte. Die glasklaren Stimmen der jungen Sängerinnen und Sänger bezauberten die Zuschauer ebenso wie die theatrale Inszenierung begeisterte.

 

Doch damit war das Performancefest noch lange nicht vorüber. Das szenische Theaterstück "Home Sweet Home" des Jugendvolxtheaters mit Schülerinnen und Schülern der Friedrich-von-Bodelschwingh-Schulen rückte das "Zuhause" in den Vordergrund. Heimat, Sicherheit und Geborgenheit, aber auch Einsamkeit, Ausschluss und Fremde wurden eindrucksvoll thematisiert.

 

Auch als Cowboy in der Ferne spielt die Heimat beim Gitarrenspiel am Lagerfeuer eine besondere Rolle. "Take Me Home, Country Roads" singen die jungen Darstellerinnen und Darsteller, was in der außergewöhnlichen Akustik voll zur Geltung kommt. Und zum Abschluss der Inszenierung gibt es noch ein besonderes Schmankerl aus dem Stadtarchiv: einen alten Werbefilm von Dr. Oetker, der in das Spiel miteinbezogen für Erheiterung sorgt.

 

Das Performancefest zum Projekt "800 Bielefelder Stadtzeichen" präsentierte eine bunte Mischung aller Künste und bewies, wie vielfältig die Bielefelder Kunstszene, die Stadt und ihre Bewohner sind. 

 

Mit viel Engagement, Leidenschaft und Aufwand haben alle Beteiligten ein rundum gelungenes Fest auf die Beine gestellt.

 

Übernahme aus der Neuen Westfälischen Zeitung vom 22.9.2014

 

 

Marienkantorei beeindruckte mit Faurés Requiem

Schwebend ins Paradies

von Fiona Schmidt

BIELEFELD - Zum Abschluss der Bielefelder Konzerttage standen französische Komponisten auf dem Programm. In der Neustädter Marienkirche beglückten Marienkantorei, Camerata St. Mariae sowie die beiden Solisten Felizia Frenzel und Tobias Scharfenberger die Zuhörer mit einer stimmig zusammengestellten Werkauswahl.

Unter der bewährten Leitung von Stadtkantorin Ruth M. Seiler ließen sie das wunderbare Requiem von Gabriel Fauré erklingen, dem sie André Caplets Messe und die „Litanies à la Vierge Noire“ von Francis Poulenc voranstellten. Zu Beginn des Konzertes brachte der Chor Caplets kleine Messe (1920) a cappella zu Gehör. Ein mutiges Unterfangen, diese fein abgestuften Tonläufe und gewagten Harmonien treffsicher vorzutragen. Je länger man sich in das Werk hineinhörte, umso stärker begann dessen innere Schönheit zu leuchten.

Dies traf ebenso auf Poulencs „Litanies“ (1936) zu. Der für dieses Stück mehrstimmige Frauenchor wurde nur von Orgel und Violoncello begleitet. Auch hier beeindruckten die nicht immer eingängigen Harmoniefolgen, besonders eindrücklich die beherzt gesetzten dissonanten Akkorde der Orgel, die intensive Spannungsbögen aufbauten.

Und dann Faurés Requiem. Bei diesem Werk kann man etwa 40 Minuten lang einfach nur schweben – direkt ins Paradies. Keine eruptive Dramatik, keine strafenden Seelenqualen, stattdessen trostvolle, innige Zuversicht und Glückseligkeit, ein Wegweiser zu Glaube, Liebe, Hoffnung. Überraschend war die gewählte sparsame Instrumentierung, die eine tiefe, dunkle Grundstimmung unter die Gesangsstimmen legte und neben der Orgel auch der Violine zu traumhaften Solopassagen verhalf. Das gesamte Orchester überzeugte als ausdrucksstarker und verlässlicher Partner für Chor und Solisten. Apropos Solisten: Sopranistin Felizia Frenzels „Pie Jesu“, mit klarer, sanfter Stimme wunderbar ruhig fließend vorgetragen, sowie Tobias Scharfenbergers zum Niederknien schöner, lyrischer Bariton im „Offertorium“ und „Libera me“ fanden ihren Weg direkt ins Herz und Gemüt der Zuhörer. Selbiges gelang auch dem Chor, der sich konzentriert und atmosphärisch dicht durch Faurés transparent ausgeformte, geradezu meditativ schwebenden Klangströme sang, bis ins „Paradisum“. Großes Lob an Ruth M. Seiler und alle Mitwirkenden für die gelungene Ausführung dieses herausfordernden Programms, vom Publikum zum Schluss mit langanhaltendem Applaus belohnt.

Übernahme aus der NW vom 6.11.2012

Seraphischer Wohlklang

Fauré-Requiem beschließt die Konzerttage

Von Uta Jostwerner

Bielefeld (WB). Die Vorliebe der Marienkantorin für die französische Orgelmusik ist weithin bekannt. Dass Ruth M. Seiler gleichwohl die vokalen französischen Kompositionen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts in ihrer schlichten Klangsinnlichkeit zu nehmen weiß, zeigte sich beim Abschlusskonzert der diesjährigen Bielefelder Konzerttage in mustergültiger Ausführung.
Selten zuvor hat man Faurés Requiem-Vertonung in solch seraphischer Schönheit und Ruhe erlebt. Das Geheimnis dieser von Marienkantorei und Camerata St. Mariae zu Gehör gebrachten musikalischen »Andacht« lag in der konsequenten Zurücknahme dynamischer, dramatischer und instrumentaler Parameter.
Seiler legte die Erstfassung mit tiefen Streichern, Hörnern, Harfe, Orgel und Solovioline zugrunde. Nach dem Motto »Weniger ist mehr« gewannen auf diese Art einzelne Passagen eine ungeahnte Aufmerksamkeit, etwa das primgeigenumspielte »Sanctus« oder das walzerartige »Agnus Dei«, dessen schwebender Duktus durch die Horn-Grundierung geerdet wurde. Zusammen mit einem dezenten, jedoch klaren rhythmischen Drive führte das mehr als einmal zu einem unwiderstehlichen Gänsehautfeeling.
Hervorzuheben bleibt noch ein vorbildlich agierender Chor, der in feindynamischen Schattierungen ebenso zu glänzen wusste wie in Bezug auf artikulatorische Frische und Tonbrillanz. Der beschwörende Charakter des »Kyrie und Introitus«, der zart-flehendliche Tenor des »Libera me« oder die mysthische Verklärung des »Paradisum« hatten Seltenheitswert.
Vorzüglich fügten sich die Solisten ins Bild einer Interpretation, die in ihrer Wirkung ganz auf eine friedvoll-mysthische Vision des Todes abzielte. So stellte Tobias Scharfenberger seinen samtenen Bartion ganz in den Dienst einer zärtlich-demütigen Diktion (Hostias). Auch das »Libera me« war in seiner warmen und gebundenen Klangrede frei von Todesfurcht.
Und in klanglicher Reinheit und differenzierter Ausdrucksanmut gelang Felizia Frenzel ein sehr ergreifendes »Pie Jesu«.
Die vom Publikum in der nicht ganz gefüllten Neustädter Marienkirche stark und lang akklamierte Requiem-Darbietung wurde von zwei kurzen Chorwerken französischer Provenienz eingleitet und vorbereitet.
In der kurzen Messe-Vertonung von André Caplet, die der Chor a cappella vor dem Westtor zu Gehör brachte, zeigte die Mannschaft bereits profunde Gesangs- und Stiltechniken, die sowohl auf gregorianisches als auch spätromantisches Kolorit abzielten.
Die für Frauenstimmen eingerichtete »Litanies à la Vierge Noire« von Francis Poulenc mit ihrem schlichten und demütig gehaltenen Anfang und Ende sowie den hohen Stimmlagen im Mittelteil bot zudem eine ideale stimmliche Vorbereitung für die anspruchsvollen hohen Passagen des Fauré-Requiems. Solchermaßen gut eingesungen«, führte Seiler ihre Damen dann scheinbar mühelos in wahrlich paradiesische Höhen.

Übernahme aus dem Westfalenblatt vom 06.11.2012.

Sherlock Holmes auf der Costa Concordia

Eilt zur Hilfe: Dr. John Watson glaubt an ein Herzversagen, als der Kellner tot umfällt.

Gute Stimmung: Die "Sea Sisters" sorgen mit ihren Liedern für die Unterhaltung der Passagiere auf dem Schiff.

Bielefelder Kinderkantorei eröffnete Konzerttage

Fotos und Text von Vanessa Poppe

MaD heißt die Gruppe der Bielefelder Kinderkantorei. MaD steht für Music and Drama. Beides brachte die Gruppe jetzt auf die Bühne. Sie präsentierte vor rund 80 Zuschauern im Gemeindesaal der Neustädter Marienkirche ihr selbstgeschriebenes Musiktheaterstück „Sherlock Holmes auf See“. Damit machte die Gruppe den Auftakt der Konzerttage, die noch bis zum 4. November stattfinden.

In dem Stück wird Sherlock Holmes alias Ferdinand Stoye von dem angeblichen Earl of Cockward, verkörpert von Elia Leigers, auf das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia eingeladen. Entlang der norwegischen Fjorde soll es gehen. Für Mary Watson, gespielt von Malin Bornemann, keine positive Überraschung: Sie wollte mit Dr. John Watson alias Adam Aach alleine ihre Flitterwochen verbringen und nicht durch den langjährigen Freund ihres Mannes gestört werden.

Dann stirbt im Salon des Schiffes plötzlich ein Kellner, gespielt von Klara-Lucia Quack, der offensichtlich ein Alkoholproblem hatte. War es Selbstmord, Herzversagen oder doch etwa Mord? Die Meinungen gehen auf dem Schiff auseinander. Doch für Holmes steht fest: Viele Indizien sprechen für einen Mord. Warum zum Beispiel verhält sich dieser Earl of Cockward so merkwürdig? Am Ende findet Holmes die wahre Identität des Mannes heraus: Ein Kunstdieb, der Holmes beseitigen wollte. Die vielen Versuche, Holmes auf dem Schiff umzubringen, zum Beispiel mit einem vergifteten Whiskey, der versehentlich an den Kellner ging, oder einem Wurf mit einem schweren Karton, der Mary Watson traf, scheiterten. Stattdessen muss der Ganove selbst hinter Gitter.

Die Kinderkantorei spielt viel Kirchenmusikalisches, aber teilweise auch Weltliches, so wie jetzt mit „Sherlock Holmes auf See“. Seit mehreren Monaten probten rund 25 Kinder für die Aufführung dieses Stücks. „Vor den Sommerferien haben wir uns alle gemeinsam Gedanken über die Handlung gemacht“, erzählt Leiterin Ruth M. Seiler. Jeder konnte seine Ideen einbringen, die Seiler anschließend zu einem Stück verfasste.

Dazu wurden passende Musikstücke ausgewählt. Das Spektrum reichte von Brahms über Bruno Mars bis hin zu Abba. „Von Klassik bis Popmusik ist alles dabei. Die Kinder haben entschieden, welche Lieder sie in das Musiktheater einbringen wollen“, berichtet Bernd Wilden, der die Kinder mit dem Klavier begleitete. Auch für das Bühnenbild war die Gruppe selbst verantwortlich. Auf einer Chorfreizeit in den Herbstferien entstand die kreative Kulisse. „Der Zeitaufwand ist enorm, um solch ein Stück auf die Bühne zu bringen. Deswegen führen wir Stücke auch häufig mehrfach auf“, so Seiler.

Nach der Aufführung gab es tobenden Applaus seitens des Publikums für die jungen Schauspieler. Bei Kaffee, Kuchen und Säften gab es anschließend noch die Möglichkeit, sich über „Sherlock Holmes auf See“ auszutauschen.

Übernahme aus der NW vom 29.10.2012

Vor einem Jahr: Startschuss zum Orgelprojekt im Sommer 2012

Organist Rudolf Inning (von links), Spender und Gemeindemitglied Prof. Dr. Herwarth Westerfelhaus, Kantorin Ruth M. Seiler, Bau-Kirchmeister Rolf Kriete und Pfarrer Anfred Menzel in der Kirche.

Neue Orgel soll 2015 erklingen

Neustädter Marienkirche: Detailplanung beginnt – drei Firmen sollen Angebote vorlegen 

 

Von Hendrik Uffmann und Thomas F. Starke (Foto) / WESTFALEN-BLATT 

Bielefeld (WB). Die neue Orgel für die Neustädter Marienkirche wird nun Realität. Nach jahrelangem Ringen um Spenden ist ein Großteil der dafür notwendigen Summe vorhanden. Jetzt geht es an die Detailplanung, in drei Jahren soll das neue Instrument zu hören sein.

Den ersten konkreten Beschluss hat das Presbyterium der Neustädter Mariengemeinde am Mittwoch gefällt. »Die neue Orgel wird im Turmjoch aufgebaut«, sagte am Freitag Pfarrer Alfred Menzel. Der Eingang in Richtung Pfarrhaus, der sich dort jetzt befindet, soll jedoch bestehen bleiben, der Eingang im Bereich des jetzigen Standorts der Orgel im Seitenschiff zusätzlich geöffnet werden.

Der Platz im Turmjoch ist der traditionelle, an dem auch die frühere Orgel stand, bevor 1967 die jetzige gebaut wurde, die inzwischen marode und kaum noch zu reparieren ist. »Außerdem kommt dies auch dem Klang zugute. Von dort kann die neue Orgel in dieser schönen Kirche richtig wirken«, erklärt Kantorin Ruth M. Seiler.

Etwa 750 000 Euro wird die neue Orgel kosten, 560 000 Euro an Spenden hat die Gemeinde bereits gesammelt. Einen wertvollen Beitrag dazu habe auch die Einzelspende von Prof. Dr. Herwarth Westerfelhaus geleistet, betont Pfarrer Menzel. »Das war wirklich eine riesige Summe.« Gespendet habe er diese aus Verbundenheit mit der Gemeinde, erklärte Westerfelhaus.

Im nächsten Schritt will Kantorin Seiler festlegen, wie die Orgel aussehen soll, anschließend sollen drei Orgelbauer ein Angebot vorle- gen. Die Firmen Kuhn aus der Schweiz, Eule (Bautzen) und Schiegnitz aus Albsheim/Grünstadt in der Pfalz seien für die hohe Qualität ihrer Instrumente bekannt, erklärt Seiler. Bis Januar sollen die Angebote vorliegen. Begleitet wird der Orgelneubau auch von einem Architekturbüro, das bei der neuen Raumgestaltung der Kirche beraten soll.

Trotz dieser konkreten Pläne sei immer noch Unterstützung für den Orgelneubau notwendig, sagt Alfred Menzel: »Wir brauchen weitere Spenden.«

Übernahme aus dem Westfalen Blatt Nr. 156/2012 vom 7. Juli 2012